- Außenminister Gabriel warnt in einem "Bild"-Interview, dass Jamaika die EU nicht weiterbringen werde
- Er hält zudem eine zweite Amtszeit von Donald Trump für möglich
Außenminister Sigmar Gabriel bereitet sich auf seinen Abschied vor. Nach dem Wahldebakel der SPD mehren sich die Zeichen, dass Gabriel seine politische Karriere beenden möchte. Ratschläge hat er für seine Kollegen und möglichen Nachfolger einer Jamaika-Koalition dennoch parat.
Besonders ein Thema bereitet dem SPD-Politiker mit Blick auf ein Bündnis von Union, FDP und Grünen Sorgen. "Mich beunruhigt die große Leerstelle beim Thema Europa", sagte Gabriel im Gespräch mit der "Bild am Sonntag" ("BamS").
Da wäre einmal die Kanzlerin. "Angela Merkel hat keine Idee, Europa voranzubringen. Im Gegenteil, sie lässt Frankreichs Präsidenten Macron mit seinen Vorschlägen für engere Zusammenarbeit ins Leere laufen", mahnte Gabriel.
Der FDP wirft er gar vor, "einen national-ökonomischen Kurs wie die AfD in ihrer Gründerzeit" zu fahren. "Ein FDP-Finanzminister würde Europa weiter spalten." Und die Grünen seien zu schwach, dagegenzuhalten, warnte der Außenminister.
Merkel will mit Macron über die "Details" sprechen
Kanzlerin Merkel unterstützt die Vorschläge von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Europa. Der junge Staatschef hatte zwei Tage nach der Bundestagswahl bei einer Rede seine Vision der Zukunft der EU vorgestellt.
Merkel sagte danach, die Rede sei eine gute Basis für Gespräche, über die Details müsse freilich noch geredet werden. Eines dieser "Details" ist dabei allerdings höchst umstritten: die Idee eines gemeinsamen EU-Finanzministers. Sie sei offen für die Einführung eines solchen Amtes, sagte Merkel zuletzt auf dem EU-Gipfel in Brüssel. "Zugleich müssen wir einige Fragen beantworten: Welche Aufgaben hätte ein solcher Euro-Finanzminister?"
Bisher ist die Debatte nicht weitergekommen in dieser Sache. Völlig ins "Leere", wie Gabriel der Kanzlerin vorwirft, lässt Merkel Macron jedoch nicht laufen.
Die FDP wiederum hat mehrfach deutlich gemacht, nicht mehr Geld für andere Mitgliedsstaaten in Europa bereitstellen zu wollen. Die Liberalen befürchten eine Vergemeinschaftung der Schulden mit den Vorschlägen des französischen Präsidenten. Gabriel sorgt sich daher, die Liberalen könnten die Spannungen innerhalb der EU verschärfen.
➨ Mehr zum Thema: Angst vor "Gegenkanzleramt": Union plant offenbar, das Finanzministerium zu zerschlagen
Trump sei eine akute Gefahr für die liberale Weltordnung
Noch eine weitere Entwicklung beunruhigt Gabriel sehr: die Präsidentschaft von Donald Trump. "Unsere liberale, westlich geprägte Weltordnung ist in akuter Gefahr", warnte der Politiker in der "Bild".
Früher seien die USA ein Garant für Demokratie und Menschenrechte gewesen, Trump versuche international nun, "die Stärke des Rechts durch das Recht des Stärkeren" zu ersetzen. Der US-Präsident verstehe die Welt als "eine Arena, eine Kampfbahn".
Gabriel hält eine zweite Amtszeit Trumps für durchaus möglich: "Ich würde keine Wette eingehen, dass Trump nicht acht Jahre Präsident bleibt", sagte der SPD-Politiker. "Der amerikanische Präsident ist ein kühl kalkulierender Politiker. Er hat gesehen, dass eine Mehrheit der Amerikaner sich abgehängt fühlt und den Sprüchen der Politiker nicht mehr glaubt."
Er habe sich an die Spitze der "Anti-Establishment-Bewegung" gesetzt - und werde von diesen Menschen nach wie vor unterstützt, erklärte Gabriel.
Leserumfrage: Wie fandet ihr uns heute?
![]()
(jg)